Referat zur Ehrenamtlichkeit im Sport bei der Integration von Aussiedlern

Tagung "Integration und bürgerschaftliches Engagement bei Spätaussiedlern"
Der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen, Jochen Welt, MdB, lädt ein zur Fachtagung
Integration und bürgerschaftliches Engagement bei Spätaussiedlern
- Die Bedeutung ehrenamtlicher Tätigkeit -

Berlin, Abgeordnetenhaus des Deutschen Bundestages,

Dienstag, 27. November 2001

 

Manfred Wille
Manfred Wille

Ehrenamtlichkeit im Sport bei der Integration von Aussiedlern

Manfred Wille, Vorsitzender des Christlichen Vereins Junger Menschen Wolfsburg und Mitglied im Vorstand der Wolfsburger Sportjugend.


Guten Tag,
ich selbst bin Flüchtlingskind und stamme aus Herzberg/Elster und bin kurz vor dem Mauerbau 1961 über Westberlin nach Wolfsburg geflüchtet.


Der CVJM Wolfsburg besteht seit fast 50 Jahren, seit etwa 30 Jahren führen wir Sozialsport durch. Seit 1976 sind wir über den Stadtsportbund Wolfsburg Mitglied im Landessportbund Niedersachsen. Seit 1976 besitzen wir ein 5000 qm großes Freizeitgelände mit einem kleinen Häuschen.


1972 haben wir mit Sport im Gefängnis begonnen. Weiter haben wir sportlich mit Konfirmanden gearbeitet, mit Drogenabhängigen, mit Menschen, die unserer besonderen Berücksichtigung bedürfen.


Seit Ende der 70iger Jahre arbeiten wir verstärkt mit Aussiedlern/Spätaussiedlern (Deutschen aus Ostblockstaaten). Von Beginn an haben wir versucht, den organisierten Sport auf diese Zielgruppe aufmerksam zu machen. Dies geschah und geschieht auf kommunaler, niedersächsischer und bundesdeutscher Ebene. Wir werben natürlich auch im kirchlichen und Jugendbereich für den organisierten Sport.


Wir waren in der Arbeitsgruppe des LSB, die 1988 in Niedersachsen Konzepte für Aussiedlersport erarbeitet hat, wir waren 1989 beim Hearing des Bundesinnenministeriums/Deutscher Sportbund über "Sport mit Spätaussiedlern" in Frankfurt/Main. 1991 sind wir beim ersten Wettbewerb der Bundesregierung "Vorbildliche Integration von Spätaussiedlern" mit einer Goldplakette ausgezeichnet worden. 1990 hat uns der damalige Präsident des Internationalen Olympischen Kommitees, Juan Antonio Samaranch, in Lausanne empfangen.
Auch jetzt arbeiten wir aktiv im Projekt des Landessportbund Niedersachsen (LSB) "Sport für alle" (neu: "Integration durch Sport") mit, ich selbst bin Starthelfer beim LSB.


Herzlichen Dank an dieser Stelle schon für die Unterstützung des LSB, des Stadtsportbundes, der Sportjugend, der Kirchen, Diakonie, Caritas, Arbeiterwohlfahrt, Rotes Kreuz, Sprachkursen, Stadt Wolfsburg (Sportamt, Jugendamt, Sozialamt), CVJM Gruppen im In- und Ausland, Christliches Jugenddorf, Justizvollzugsanstalt Wolfenbüttel, Jugendanstalt Hameln, Landsmannschaften, Stadtjugendring, Sportdienst des Volkswagenwerkes, Redaktionen von Zeitungen und Zeitschriften und viele mehr.
Aus den Aufzählungen sehen Sie, dass in unserer Arbeit die Vernetzung/Zusammenarbeit groß geschrieben wird. Zusammenarbeit mit den oben genannten Gruppen. Aber auch mit den Vereinen vor Ort, z. B. mit dem Volleyballkreis Gifhorn/Wolfsburg. Wir nehmen an den Punktspielrunden teil, an Turnieren im Kreis. Wir vermitteln auch Aussiedler an Vereine. Wir versuchen nicht, alle Aussiedler zu uns zu ziehen. Wohnt ein sportbegeisterter Aussiedler weit weg, vermitteln wir ihn an Vereine, die vor Ort sind. Wir vermitteln Aussiedler aber auch an Freizeitheime, Kleingartenvereine usw.
Falls Vereine und Gruppen Probleme (Beiträge, Verhalten in der Sporthalle, Zuverlässigkeit/Verbindlichkeit, Sprache etc.) haben, versuchen wir die Verantwortlichen zu unterstützen und auch mit Aussiedlern zu sprechen.
Als CVJM/YMCA legen wir natürlich großen Wert auf internationale Kontakte. Wir haben Zeltlager in Jugoslawien, Slowenien und Frankreich durchgeführt, Fahrten nach Stockholm, Madrid, Odense, Leningrad (jetzt St. Petersburg) gemacht. 1989 haben wir am CVJM-Euromeet Festival in Tampere/Finnland teilgenommen, 1992 bei den CVJM Europameisterschaften im Volleyball in den Niederlanden und 1995 in Ikast/Dänemark. In Wolfsburg hatten wir 1979 eine Gruppe aus der damaligen Sowjetunion und 1988 eine sowjetische Fangruppe der Fußball-Europameisterschaft.


Außerdem waren in Wolfsburg schon Spanier, Slowenen, Schweden, Dänen, US-Amerikaner. Wir führen auch jährlich eine Fahrradsponsorenrallye für Straßenkinder in Südamerika, Afrika und Indien durch, und bei unseren Freizeitsportturnieren sammeln wir für die diakonische Arbeit einer Schule in Madrid.


Um auf Aussiedler aufmerksam zu machen und Aussiedler auf den organisierten Sport hinzuweisen, führen wir eine ausgeprägte Öffentlichkeitsarbeit durch. Wir arbeiten sehr gut mit der örtlichen Presse zusammen, mit Zeitschriften, im Fernsehen und Radio waren wir auch schon. Das Sporttrikot, das Sie hier sehen, benutzen wir bei unseren Punktspielen. Wir haben noch andere Trikots, z. B. "Aussiedler und Einheimische sind ein Team" oder mit "Jesus Christus am Ball". Wir laden zu unseren Aktionen auch Politiker und andere Funktionäre ein, z. B. wenn wir ins Gefängnis fahren, zur Fahrradsponsorenrallye, zu Festen. Bei einem Volleyballturnier spielen wir um den Oberbürgermeister-Pokal, bei einem anderen um den Diakonie-Pokal. Wir haben schon mehrfach Deutsche CVJM Meisterschaften im Tischtennis und im Volleyball ausgerichtet. Sprachkurse, kirchliche Gruppen, Landsmannschaften.

 

Wir sehen Aussiedler nicht nur als Nehmende sondern auch als Gebende, Herr Welt!


Dies geschieht bei uns als Schiedsrichter, Übungsleiter, als Mitorganisatoren. Bei der Pflege unseres Freizeitgeländes halfen Aussiedler mit. Der stellvertretende Vorsitzende im CVJM Wolfsburg ist ein Russlanddeutscher.


Seit einigen Jahren führen wir eine Fahrradsponsorenrallye durch. Die Teilnehmer suchen Sponsoren, die sie pro gefahrenem Kilometer bezahlen. Wir verbinden sportliche Bewegung mit sozialem Engagement. In Wolfsburg haben wir dabei eine Vorreiterrolle. Bei der Rallye wird auch in der Öffentlichkeit deutlich, dass Aussiedler mehr Bestandteil unserer Gesellschaft werden. Dieses Jahr sind 9000 Mark erradelt worden. Freundlicherweise hat der Aussiedlerbeauftragte der Bundesregierung, Herr Jochen Welt, ein Grußwort zur diesjährigen Rallye geschrieben. In den letzten sieben Jahren haben wir fast 60.000 Mark gesammelt und weitergespendet.


Auch bei unseren Sportturnieren sind Aussiedler Gebende. Wir beginnen mit einer Sportandacht, während der Mittagspause trinken wir gemeinsam Kaffee (Kuchen ist Startgebühr), und wir sammeln für die diakonische Arbeit einer Schule in Madrid. Natürlich gibt es auch einen Sieger. Bibelwort.


Wir bieten Nicht-Schwimmerkurse für Frauen an, bei denen Aussiedlerinnen die Funktion der "Managerinnen" übernommen haben, d. h. sie halten die Gruppen zusammen, organisieren Feste etc.


Das Sportmobil des Landessportbundes Niedersachsen bauen wir auf Stadtteilfesten, bei Sommerfesten, bei Gemeindefesten oder einfach an der Straßenecke auf. Bei der Organisation helfen uns meistens auch jungendliche Aussiedler.


Jährlich fahren wir vier- bis fünfmal in die Justizvollzugsanstalt Wolfenbüttel. Wir spielen Tischtennis und Volleyball im Gefängnis. Über Kaffee und Kuchen kommen wir gut mit den Einsitzenden ins Gespräch. Wir übersehen aber auch nicht die Situation der Opfer. Ein Gesichtspunkt für uns ist natürlich, dass (junge) Teilnehmer, die Kontakt mit der Polizei haben, ihre mögliche Zukunft hautnah erleben können, d. h. wir nehmen auch straffällig gewordene Jugendliche mit.
Auch sonst versuchen wir in unserer Arbeit zu vermitteln, dass wir von Aussiedlern etwas lernen können, z. B. Familientraditionen, Gastfreundschaft, religiöse Gesichtspunkte.


Aussiedlerjugendliche sind im März 2001 vom Lionsklub Wolfsburg für ihren vorbildlichen Einsatz für andere Menschen mit dem Helferpreis ausgezeichnet worden.


Unsere Aktion heißt "Aussiedlerinnen und Einheimische". Für uns spielen zwischenmenschliche Kontakte eine wichtige Rolle. Wir feiern gemeinsam Geburtstag, fahren weg, besuchen uns in Gottesdiensten, wir organisieren z. B. Gemeindefeste für die evangelischen Mennoniten mit. (Punktspiele – nähere Umgebung)


1990 haben wir im Rahmen der deutschen Wiedervereinigung eine Paddeltour über 300 Kilometer von der Oder zur Elbe mit 50 Jugendlichen aus Havelberg, aus Sulingen und Russlanddeutsche aus Wolfsburg unter dem Motto "Wir sitzen im selben Boot – in Ost und West" durchgeführt. Wir haben 300 Unterschriften gesammelt: Willy Brandt, Helmut Kohl, Helmut Schmidt, Max Schmeling, Täve Schur, Vraclav Havel, Emil Zatopek, Phil Collins, Sophia Loren, Steffi Graf, Uwe Seeler, Fritz Walter, Hans-Dietrich Genscher etc., ingesamt 300 Promis.

 

Natürlich gibt es Probleme.

  • Das liebe Geld – aber bis jetzt haben wir es immer geschafft, unsere Arbeit zu finanzieren.
  • Hallenprobleme. Hier hilft uns das Wolfsburger Sportamt.
  • Sprach- und Verständigungsprobleme. Im Normalfall sprechen wir Deutsch. Dies ist für uns eine Frage der Höflichkeit. Unsere russland- oder polendeutschen Aussiedler sollen nicht ihre Sprachkenntnisse verlieren, sie sollen aber lernen und wissen, wann und mit wem sie welche Sprache sprechen.
  • Alkohol. Manchmal haben wir Aussiedler schon aus ihrem Bett zu Punktspielen geholt. Madrid/Alexander, Hansplatz CVJM Gelände.
  • Familiäre Bindung. Wird ein Haus gebaut oder ein Familienmitglied heiratet, kommen Aussiedler nicht – häufig sagen sie nicht Bescheid.
  • Fehlendes Verständnis für den organisierten Sport. Langsam führen wir Aussiedler an Training und Punktspiele heran. Wir haben jetzt einen Brasiliendeutschen bei uns – er hat ähnliche Probleme wie Aussiedler.
  • Finden/Definieren ihrer Rolle über sportliche Leistung. Übersteigerter Einsatz, Versagen bei Stress-Situationen, sich beweisen wollen.
  • Übersteigerte Risikobereitschaft (u. a. Schwimmen)
  • Arbeitslosigkeit.
  • Überempfindlichkeit bei Aussiedlern.
  • Resignation / Punchingball è Frust bei uns abgelassen.
  • Vorurteile einheimischer Betreuer/Sozialarbeiter gegenüber dem organisierten Sport.

Die Vorteile des Sports sind m. E. bekannt.


Das Thema dieser Fachtagung heißt "Integration und bürgerschaftliches Engagement bei Spätaussiedlern – Die Bedeutung ehrenamtlicher Tätigkeit".
Ohne Ehrenamtliche, ohne Nachbarn, ohne Vereinsmitglieder, ohne Schulkameraden, ohne einheimische Freunde, ohne Aufnahme in kirchliche Gruppen wird die Integration von Aussiedlern kaum gelingen bzw. sehr erschwert werden. Die Ehrenamtlichkeit wird m. E. immer wichtiger. Hier müssen Verantwortliche, z. B. Politiker, Wirtschaftschefs aufpassen, dass die Unterstützung von Ehrenamtlichen so bleibt bzw. noch stärker ausgebaut wird. Ich kann nur hoffen, dass die ehrenamtliche Komponente nicht nach dem Jahr des Ehrenamtes in Vergessenheit gerät.


Aus der Sicht eines Ehrenamtlichen möchte ich betonen, das ich die Arbeit mit und für andere Menschen nicht als Last empfinde. Ich sehe darin vielmehr eine Chance, mein Leben vielfältiger zu gestalten. Ich habe Menschen und Dinge kennen gelernt, die ich so nicht kennen gelernt haben würde.


Wie ich schon vorhin ausgeführt habe, bin ich Flüchtlingskind. Für mich ist diese ehrenamtliche Arbeit auch eine Aufarbeitung meiner eigenen Geschichte. Für mich hat sich heute ein Kreis geschlossen: 1989 das Hearing in Frankfurt und jetzt die Fachtagung in Berlin. Dafür bin ich Ihnen sehr, sehr dankbar. Aus meinem Lebensweg (Ich habe zweimal in den USA gearbeitet, Praktika in Madrid und Stockholm gemacht und viele Länder dieser Welt bereist) möchte ich sagen: Mein Vaterland ist Deutschland, meine Heimat die Welt.

 

Wir möchten uns an dieser Stelle bei allen Personen und Organisationen, die uns in Wort, Tat und Gebet unterstützt haben, recht herzlich bedanken.

 

Von links: Frank-Michael Mücke, Elke Meyer, Manfred Wille, Thomas Küppers und Heike Kübler
Von links: Frank-Michael Mücke, Elke Meyer, Manfred Wille, Thomas Küppers und Heike Kübler

 

 

Tagung "Integration und bürgerschaftliches Engagement bei Spätaussiedlern"
Der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen, Jochen Welt, MdB, lädt ein zur Fachtagung
Integration und bürgerschaftliches Engagement bei Spätaussiedlern
- Die Bedeutung ehrenamtlicher Tätigkeit -


Dienstag, 27.11.01, im Abgeordnetenhaus, Berlin
Organisation: Stiftung Bürger für Bürger und Akademie für Ehrenamtlichkeit
Bürgerschaftliches Engagement fördert Integration von Spätaussiedlern
Bürgerschaftliches Engagement kann einen wichtigen Beitrag zur Integration von Spätaussiedlern leisten. Das ist das zentrale Ergebnis der Fachtagung des Bundesministerium des Innern am 27. November 2001 im Berliner Abgeordnetenhaus.
Die Experten-Tagung auf Einladung des Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen, Jochen Welt, MdB, hatte die Stiftung Bürger für Bürger gemeinsam mit der Akademie für Ehrenamtlichkeit organisiert – und mit fast 250 Gästen war das Interesse riesengroß.
Jochen Welt betonte in seiner Einführung, dass Spätaussiedler und Einheimische durch ihren Einsatz in der Freizeit die Chance haben, sich für die Gestaltung einer lebenswerten Gesellschaft einzusetzen. "Wir unterstützen dieses Engagement durch eine Mischung aus fördern, aber auch fordern. Denn Integration ist keine Einbahnstrasse."
Dass inzwischen immerhin 22 Millionen Deutsche engagiert sind und es darüber hinaus zahlreiche weitere Interessenten für ein Ehrenamt gibt, berichtete der Vorsitzende der Enquete-Kommission "Zur Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements" des Deutschen Bundestages, Dr. Michael Bürsch, MdB. Er gab einen Ausblick auf die Empfehlungen der Kommission, die im kommenden Frühjahr veröffentlicht werden: "Eine Anrechnung des Engagements auf die Rentenzeiten lehnen wir ab, stattdessen wollen wir Anerkennung und Versicherungsschutz deutlich verbessern."
Anschließend gab Hermann Uihlein vom Deutschen Caritasverband einen Überblick zu Migration und Integration in Deutschland. - Ein breites Betätigungsfeld für bürgerschaftliches Engagement. Das zeigten auch drei Best-Practice-Projekte mit hohem ehrenamtlichen Engagement bei ihrer Präsentation.
Fazit bei der anschließenden Podiumsdiskussion: Die facettenreiche Präsentation verschiedenster Projekte an diesem Tag als Informations- und Ideenbörse soll eine zusätzliche Initialzündung für die Verstärkung des ehrenamtlichen Engagements in der Integrationsarbeit werden. Bürgerschaftliches Engagement kann einen wichtigen Beitrag bei der Integration leisten, denn es sind nicht nur Bund, Länder und Gemeinden gefordert, sondern alle gesellschaftlichen Kräfte.
Programm
9.30 Uhr Begrüßungskaffee und Start
"Markt der Möglichkeiten für Aussiedlerintegration":
Verbände, Organisationen und das Bundesverwaltungsamt präsentieren sich
10.00 Uhr Eröffnung
Elisabeth Freifrau Spies von Büllesheim
Vizepräsidentin des Malteser Hilfsdienstes
und Kuratoriumsvorsitzende der Stiftung Bürger für Bürger
10.15 Uhr Integration und bürgerschaftliches Engagement bei Spätaussiedlern
- Einführung in die Thematik -
Jochen Welt, MdB
Aussiedlerbeauftragter der Bundesregierung
11.00 Uhr Situation und Perspektiven des bürgerschaftlichen Engagements in Deutschland
Dr. Michael Bürsch, MdB
Vorsitzender der Enquete-Kommission "Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements" des Deutschen Bundestages, Berlin
- Aussprache -
11.45 Uhr Migration und Integration in Deutschland
Hermann Uihlein
Beauftragter für Flüchtlings- und Aussiederfragen beim Deutschen Caritasverband, Freiburg i.Br.
- Aussprache -
12.30 Uhr Mittagspause
14.00 Uhr Best-Practice-Beispiele
Drei Projekte mit hohem ehrenamtlichen Engagement stellen sich vor:
- Ehrenamtlichenbörse für Spätaussiedler des Deutsch-Russischen Austausch
- Integration durch Sport des CVJM Wolfsburg
- Sozialpatenmodelle der Euro-Schulen-Organisation
15.30 Uhr Nachmittagskaffee
16.00 Uhr Podiumsdiskussion
Teilnehmer/innen:
Jochen Welt, Aussiedlerbeauftragter der Bundesregierung
Albina Nazarenus, Deutsche Jugend aus Rußland e.V.
Stefanie Schiffer, Deutsch-Russischer Austausch e.V.
Manfred Spangenberg, Deutscher Sportbund
Moderation: Petra Schwarz, Sender Freies Berlin
17.15 Uhr Ende der Veranstaltung
Eröffnungsansprache zur Tagung am 27.11.01
Elisabeth Freifrau Spies von Büllesheim,
Kuratoriumsvorsitzende der Stiftung Bürger für Bürger
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich begrüße Sie ganz herzlich zu unserer heutigen Tagung "Integration und bürgerschaftliches Engagement bei Spätaussiedlern". Besonders begrüße ich den Veranstalter, Herrn Jochen Welt, als Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen, zahlreiche weitere Mitglieder des Deutschen Bundestages, Mitarbeiter aus dem Bundesministerium des Innern, des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie zahlreicher Länderministerien. Nicht zuletzt begrüße ich aber die zahlreichen Praktiker, die in vielen kleinen Initiativen vor Ort sich um das Wohl von Spätaussiedlern kümmern und – wie ich beim Kommen bemerkt habe – eine ganze Reihe von Spätaussiedlern, um die es ja heute schließlich geht, und die durch bürgerschaftliches Engagement einen Weg gefunden haben, sich in der neuen, manchmal noch fremden Heimat heimisch zu fühlen.
Ich freue mich über das riesige Interesse, das unsere Tagung hat. Der Saal ist mit mehr als 220 Plätzen ja nicht gerade klein – trotzdem haben wir deutlich mehr Anmeldungen erhalten. Es mußten – so leid es uns tut – Absagen erteilt werden. Wir haben aber alle Organisationen, die sich fristgemäß angemeldet haben, berücksichtigen können, allerdings zumeist nur mit einem Vertreter oder einer Vertreterin. So hoffe ich, dass die, die heute hier sind, auch als Botschafter fungieren und die Kenntnisse, Erfahrungen und Materialien, die Sie heute mitnehmen, weiter vermitteln, an Ihre Mitstreiter in der Heimat.
Der Vormittag des heutigen Tages steht ganz im Zeichen von Vorträgen: Wir hören einen Bericht vom Aussiedlerbeauftragen der Bundesregierung, Herrn Jochen Welt. Ich freue mich auf eine Einschätzung von Herrn Dr. Michael Bürsch, Vorsitzender der Enquete-Kommission "Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements" des Deutschen Bundestages, der einen Ausblick geben wird, welche Empfehlungen die Experten geben werden, um das bürgerschaftliche Engagement in Deutschland weiter zu befördern. Und ich bin gespannt auf den Beitrag von Hermann Uihlein vom Deutschen Caritasverband, der seine Erfahrungen mit der Integration von Spätaussiedlern schildern wird – wohlgemerkt: Es geht uns nicht um eine Darstellung der Arbeit in Form einer "Hochglanzbroschüre", sondern um eine ehrliche, ungeschminkte Bestandsaufnahme. Wir wollen erkunden: Welche Art von Initiativen und Projekten gibt es? Was läuft gut? Aber auch: Was kann noch verbessert werden? Wo hakt es zur Zeit noch?
Deshalb besteht im Anschluß an jeden Vortrag ausreichend Zeit für Nachfragen und eigene Einschätzungen. Und ich möchte betonen: Dieses Feedback von Ihnen ist uns ganz besonders wichtig, denn erst bei Ihnen vor Ort erweist sich, wie gut oder schlecht Politik und politische Konzepte in der Praxis funktionieren.
Mit Berichten aus der Praxis, neudeutsch: Best-Practice-Projekte, gehen wir nach einem kleinen Imbiß auch in den Nachmittag. Oft braucht man das Rad gar nicht neu zu erfinden. Was am einen Ort funktioniert, kann auch andernorts gelingen. Daher rate ich Ihnen: Nehmen Sie Anregungen und Hinweise von Projekten, die wir für vorbildlich halten, mit auf dem Weg und vergleichen sie mit Ihren Aktivitäten. Vielleicht läßt sich ja noch das eine oder andere verbessern...
Gerade dieser Austausch untereinander, die Vernetzung, das Abschauen von guten Ideen, erscheint uns wichtig. Daher finden im Raum direkt gegenüber dem Eingang rund ein Dutzend Projekte auf unserem Markt der Möglichkeiten. Die Mitarbeiter stehen Ihnen für Berichte, Fragen und Anmerkungen gern zur Verfügung. Und in der Tagungsmappe finden Sie eine Liste mit Projekt-Visitenkarten: Auf dem Anmeldebogen hatten wir Ihnen die Möglichkeit eingeräumt, Ihre Arbeit kurz vorzustellen und rund 100 Projekte haben davon Gebrauch gemacht – entstanden ist eine umfangreiche Übersicht über die Vielfalt an Möglichkeiten zum Engagement.
Als Abschluß wollen wir die verschiedenen Beiträge Revue passieren lassen und in einer Podiumsdiskussion mit Experten über den derzeitigen Stand der Arbeit diskutieren und Perspektiven entwickeln. Dazu sind Sie erneut gefordert: Ihre Fragen, Anregungen und Berichte sind nicht nur erwünscht, sondern elementarer Bestandteil unseres Programms.
Zu guter Letzt möchte ich Ihnen erklären, warum ich überhaupt zu Ihnen spreche: Ich bin Vizepräsidentin des Malteser Hilfsdienstes, eines Verbandes, der in der Arbeit mit Spätaussiedlern nicht ganz unerfahren ist. Im Gegenteil: Die Malteser Werke leisten bundesweit einen erheblichen Beitrag mit verschiedensten Projekten.
Außerdem bin ich Kuratoriumsvorsitzende der Stiftung Bürger für Bürger, die gemeinsam mit der Akademie für Ehrenamtlichkeit die Organisation der heutigen Veranstaltung übernommen hat.
Die Stiftung Bürger für Bürger ist eine Informations- und Servicestelle für bürgerschaftliches Engagement. Wir wollen dazu beitragen, das Ehrenamt in seiner Vielfalt zu stärken und zu unterstützen. Das machen wir durch eine ganze Reihe von Dienstleistungen, z.B. ein umfangreiches Internet-Angebot, ein regelmäßiger Newsletter, einer Fotowanderausstellung, Vorträge und Referate sowie das Mitwirken in verschiedenen Gremien. Nähere Informationen dazu entnehmen Sie bitte dem Infomaterial, das am Eingang ausliegt.
Alles Papier kann aber nicht das ersetzen, wozu wir heute hier sind: das persönliche Gespräch. Und das zu organisieren, ist auch eine unserer Dienstleistungen. Wir sind verbands-unabhängig und politisch neutral – daher möchten wir uns mit der heutigen Tagung natürlich auch empfehlen – für weitere Aufgaben.
Das gilt natürlich auch für die Akademie für Ehrenamtlichkeit, von der ich stellvertretend für das Team den Leiter, Herrn Thomas Kegel, und den Geschäftsführer des Trägervereins, Herrn Dr. Klaus Spieler, begrüssen möchte. Herr Dr. Spieler ist übrigens im Vorstand der Stiftung Bürger für Bürger.
Damit Sie die Stiftung Bürger für Bürger auch mit weiteren Gesichtern und Menschen verbinden können, gebe ich nun ab an Herrn Prof. Dr. Thomas Olk, den Vorstandsvorsitzenden, gleichzeitig sachverständiges Mitglied der Enquete-Kommission "Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements", der Sie am heutigen Morgen durch das Programm führen wird.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen eine anregende, spannende Fachtagung und interessante Gespräche.
Vortrag Jochen Welt, MdB: Einführung in die Thematik
Vortrag Michael Bürsch, MdB: Bürgergesellschaft und aktivierender Staat: Auf dem Weg zu einer neuen Gewaltenteilung
Vortrag Hermann Uihlein: Migration und Integration in Deutschland
Best-Practice-Projekte:
Vortrag Stefanie Schiffer: Integration durch Selbsthilfe und Ehrenamt: Ehrenamtlichenbörse für Spätaussiedler und russischsprachige Zuwanderer
Vortrag Manfred Wille: Ehrenamtlichkeit im Sport bei der Integration von Aussiedlern
Euro-Schulen-Organisation: Paten- und Partnerschaften als Beitrag im Rahmen eines Gesamt-Integrationskonzeptes
Podiumsdiskussion
Projektvisitenkarten der Teilnehmer an der Tagung
Teilnehmer am Markt der Möglichkeiten:
lfd.
Nr.
Projekt-
träger
Ansprechpartner
Projektort
Konzeption
1
ESO
Euro-Schulen Bitterfeld / Wolfen Schulleiter Joachim Soppa, Greppinger Strasse, 06758 Wolfen, Tel. 03493/73600
Wolfen
1. Lotsen und Sozialpatenschaften zur bessere Integration von Spätaussiedlern im Landkreis Bitterfeld
2. Schülerpartnerschaften
2
DCV
Caritasverband für den Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald e. V. Herr Grandy, Alois-Eckert-Str. 6, 79111 Freiburg, Tel. 0761/8965-421
Breisach
Stadtteilbezogene gemeinwohlorientierte Arbeit mit Spätaussiedlern und Einheimischen. Nach Ende der Projektförderung hat sich eine Bürgerinitiative "Bürgerschaftliches Engagement" (BSE) gebildet zur Fortsetzung der vormaligen Projektarbeit.
3
DJO
Deutsche Jugend in Europa Herr Hoffmann, Wichertstr. 71,
10439 Berlin, Tel. 030/446778-0
Berlin
Integration im Stadtteil: Netzwerk Integration Köpenick-Treptow
4
DJR
Deutsche Jugend aus Rußland Herr Strohmaier, Landhausstr. 5, 70182 Stuttgart, Tel. 0711/2849480
bundesweit
Förderung der Selbstinitiatve und -hilfe ausgesiedelter Jugendlicher und in diesem Zusammenhang auch Förderung des ehrenamtlichen Engagements dieses Personenkreises.
5
DRK
Deutsches Rotes Kreuz, KV Stendal e.V. Frau Schimmelpfennig, Moltkestrasse 33, 39576 Stendal, Tel. 03931 / 64 65 19
Stendal
Gemeinwohlorientiertes Familienprojekt, das einen Schwerpunkt seiner Arbeit in der Gewinnung von Ehrenamtlichen sieht, die zur Mitarbeit in Organisa-tionen und Einrichtungen der Migrationsarbeit motiviert werden; Aufbau eine "Ehrenamtbörse"; Ausbildung von Aussied-lern zu "Stadtführern", um Neuzugewanderte mit dem lokalen Umfeld vertraut zu machen.
6
DSB
Deutscher Sportbund, Otto-Fleck-Schneise 12,
60528 Frankfurt,
Frau Hofmann, Tel. 069/6700361
bundesweit
"Sport mit Aussiedlern"


Mit Herrn Küppers abstimmen!
7
Ev. Kirche
Ev. Kirchengemeinde am Humboldthain, Fr. Wormsbecher, Gustav-Meyer-Allee 2, 13355 Berlin, Tel. 030/4631807
Berlin
Das Projekt entstand 1997 als Selbstinitiative. Samstagsschule für Aussiedler mit Lehrern, die ehrenamtlich u. a. Deutschunterricht erteilen, Aerobic- und Frauentreff, Beratung und Begleitung
8
KBW
Modellprojekt Sondheim, Frau Jenny Schober, Heckenweg 5,
97647 Sondheim, Tel. 09779/319
Sondheim
7 Familien versuchen in einem Pilotprojekt, die Eingliederung und umfassende Integration der in Sondheim aufgenommenen Aussiedler unter Einsatz erheblicher Eigenmittel und mit erheblichem ehrenamtlichen Engagement voranzubringen.
Projektförderung bis 07/01
9
Diakonie
Ev. Kirchengemeinde in Marzahn-Nord
Gemeinwesenorientiertes Projekt "zusammenleben"
Schleusinger Straße 12,
12687 Berlin, Frau Dang, Frau Köhler
Berlin
gemeinwesenorientiertes Projekt, nur ehrenamtiche Arbeit
10
DPWV
Deutsch-Russischer Austausch e.V.
Stefanie Schiffer, Brunnenstraße 181, 10119 Berlin,
Tel. 030 / 4466800
Berlin
Integration durch Selbsthilfe und Ehrenamt: Ehrenamtlichenbörse für Spätaussiedler und russischsprachige Zuwanderer
11
Russisch-Deutscher Kulturver.
Deutsch-Russischer Kulturverein Herr Alexander Specht, Sprickmannplatz 7, 48159 Münster, Tel. 0251 / 216120
Münster
U. a. Aufbau eines ehrenamtlichen Netzwerkes; Mitarbeiter des Vereins ausschließlich ehrenamtlich tätig. Projektbeginn erst 09/01!
Literaturempfehlungen zum Thema
Bade, Klaus J.: Migration vom späten 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart, München 2000
Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit, JAGJAW (Hg.): Jugend, Beruf, Gesellschaft, Beratungs- und Betreuungsarbeit für junge AussiedlerInnen, 37. Sozialanalyse, 1999
Bundesministerium des Innern (Hg.): Netzwerke für Integration. Dokumentation einer Fachtagung am 28. September 1999 in Berlin. Info-Dienst Deutsche Aussiedler, Nr. 106, Januar 2000
Bundesministerium des Innern (Hg.): Info-Dienst. Deutsch-Russische Ausgabe. Informationen des Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen. Nr. 35/1999. (Schwerpunkte: Kasachstan, Kirgisistan)
Deutsches Forschungszentrum an der Universität Nowosibirsk: Lebensbedingungen, Wertvorstellungen und Bildungsprobleme der russlanddeutschen Jugend in Westsibirien, Nowosibirsk 1997
Diehl, Claudia und Urban, Julia: Die soziale und politische Partizipation von Zuwanderern in der Bundesrepublik Deutschland. Hg.: Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn 1999
Dietz, Barbara: Jugendliche Aussiedler in Deutschland: Risiken und Chancen der Integration. In: Bade, Klaus J. / Oltmer, Jochen (Hg.): Aussiedler: Deutsche Einwanderer aus Osteuropa. Schriften des Instituts für Migrationsforschung und interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück, Band 8, Osnabrück 1999
Dietz, Barbara / Roll, Heike: Jugendliche Aussiedler – Porträt einer Zuwanderergeneration, Frankfurt / New York 1998
Eisfeld, Alfred (Hg.): Die Russlanddeutschen. Studienbuchreihe der Stiftung Ostdeutscher Kulturrat, Band 2.2., München 1999
Ewert, Peter: Berufliche Eingliederung von Spätaussiedlerinnen: Programme und Perspektiven. In: Neue Wege der Aussiedlerintegration: Vom politischen Konzept zur Praxis. Hg.: Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn 2000
Informationen zur politischen Bildung, Nr. 267 aus 2. Quartal 2000: Aussiedler, kostenlose Bestellung bei Franzis print & media, PF 15 07 40, 80045 München per Postkarte oder Fax 089/51 17-292 (Berufsangabe erforderlich)
Seifert, Wolfgang: Geschlossene Grenzen – offene Gesellschaften? Migrations- und Integrationsprozesse in westlichen Industrienationen, Frankfurt/M. und New York 2000
Silbereisen, Rainer K. / Lantermann, Ernst-Dieter / Schmitt-Rodermund, Eva (Hg.): Aussiedler in Deutschland. Akkulturation von Persönlichkeit und Verhalten, Opladen 1999
Stricker, Gerd (Hg.): Deutsche Geschichte im Osten Europas. Russland, Berlin 1997
Strobl, Rainer / Kühnel, Wolfgang: Dazugehörig und ausgegrenzt. Analysen zu Integrationschancen junger Aussiedler, Weinheim und München 2000
Eine ausführliche Dokumentation der Tagung ist als "Infodienst Deutsche Aussiedler Nr. 114" des Bundesministerium des Inneren erschienen und kann gegen Einsendung eines frankierten DIN A4-Umschlages (0,77 € / 1,50 DM) als Büchersendung bei der Stiftung Bürger für Bürger kostenlos bestellt werden.

 

Aufmerksam hören die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dem Vortrag zu
Aufmerksam hören die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dem Vortrag zu